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Private Pflegezusatz-Versicherung für Beamte: Welche Tarife lohnen sich wirklich?
Private Pflegezusatz-Vorsorge für Beamtinnen und Beamte: Welche Tarife, welche Vorsorgeart – und wie hoch absichern?
Wer pflegebedürftig wird, trägt ein hohes und doppeltes Risiko – das Pflege- und das Kostenrisiko.
Das Pflegerisiko
Das Pflegerisiko besteht darin, von wem (z. B. Familienangehörige, ambulanter oder stationärer Pflegedienst mit Laikraften) mit und in welcher Qualität (besonders die stationäre Einrichtungen) die Pflege erfolgt. Besonders kritisch wird es, wenn Angehörige – etwa der Partner – einspringen müssen und das gemeinsame Vermögen für die Pflege der ersten pflegebedürftigen Person aufzehren. Für die/den Witwe/r bleibt dann oft nichts mehr übrig oder kürzt bzw. sichert vorher seinen Eigenanteil am Familienvermögen.
Das Kostenrisiko
Das Kostenrisiko betrifft die Eigenanteile, die sowohl bei ambulanter als auch stationärer Pflege zu leisten sind. Es entsteht aber auch dann, wenn gesetzliche Änderungen zulasten der Versicherten greifen – wie zuletzt diskutiert wurde, den Pflegegrad 1 zu streichen. Da die gesetzliche Pflegeversicherung im Umlageverfahren (lese hier meinen Artikel) bereits an ihre Grenzen gestoßen ist, sind Leistungsverschlechterungen wahrscheinlicher als Verbesserungen.
Eigenanteile und Absicherung für Beamte
Der bundesweite Eigenanteil im Pflegeheim beträgt im ersten Jahr durchschnittlich zwischen 2.400 € bis 3.100 € pro Monat* – Tendenz steigend (*unterschiedliche Quellen). Ab dem zweiten Pflegejahr reduziert sich der pflegebedingte Eigenanteil dank der gestaffelten Leistungszuschläge (siehe Artikel Pflegereform 2022). Unterkunfts-, Verpflegungs- und Investitionskosten müssen jedoch weiterhin vollständig selbst getragen werden.
Für Beamte gilt:
Die Beihilfe und die Pflegepflichtversicherung (PPV) bilden gemeinsam die Basisleistungen nach dem SGB XI, decken jedoch nicht die verbleibenden Eigenanteile. Wer diese finanzielle Lücke abfedern möchte, sollte eine private Pflegezusatzversicherung in Betracht ziehen – optimal abgestimmt auf Pflegegrad, Pflegesetting (ambulant oder stationär) sowie die individuelle Beihilfe- und familiäre Situation.
Je nach Bundesland können zusätzlich erweiterte Beihilfeleistungen oder Unterstützungen aus der Fürsorgepflicht bestehen. Angesichts angespannter öffentlicher Haushalte sind hier künftige Leistungskürzungen jedoch nicht auszuschließen.
Vorsorgearten für Beamte im Überblick
Pflegetagegeldversicherung
Sie vereinbaren Tages-/Monatsbeträge je Pflegegrad. Die Auszahlungen sind frei verwendbar (z. B. für Zuzahlungen, Haushaltshilfe, 24-h-Betreuung). Ein Kostennachweis ist nicht erforderlich. Flexibel und transparent, daher für Beamte meistens erste Wahl. Neben einer vereinbarten Dynamik finden Beitragsanpassungen regelmäßig statt.
- Die flexibelste Form der privaten Pflegezusatzversicherung für Beamte.
- Auszahlung eines festen Betrags je Pflegegrad – ohne Kostennachweis.
- Verwendung frei wählbar (z. B. für Haushaltshilfe, 24-h-Betreuung, Zuzahlungen).
Empfehlung: Für die meisten Beamten die erste Wahl.
Pflegerentenversicherung
Bei der Pflegerentenversicherung handelt es sich um eine Lebensversicherung mit garantierter Rente je Pflegegrad (teils mit Kapitalwert) und ggf. Rückkaufswerte/Beitragsrückgewähr. Geeignet, wenn eine Kapitalbildung gewünscht ist und vor einem Pflegefall man über das Vermögen verfügen möchte. Besonders bei Einmalzahlungen könnte diese Form der Pflegeabsicherung sehr sinnvoll und kostengünstig sein. In der Vergangenheit waren Pflegerenten in der Beitragsanpassung sehr stabil. Eine sehr gute Wahl, sofern man höhere Kapitalsummen verzinst mit Sicherheit und Pflegeabsicherung anlegen möchte. Langfristig besser als jedes Sparbuch.
- Kombination aus Pflegeabsicherung und Kapitalaufbau.
- Garantierte monatliche Rente je Pflegegrad.
- Rückkaufswert und Kapitalleistung möglich.
Besonders interessant bei Einmalbeiträgen oder für Beamte mit langfristigem Anlageziel.
Pflegekostenversicherung
Pflegekostentarife erstatten nur nach Belegen die restliche Pflege-Kosten (prozentuale Kostenerstattung). Das ist sehr komplex, an Rechnungen gebunden und oft mit Leistungsbegrenzungen. Für Beamte wegen Beihilfe-Koordination nur selektiv oder nur bedingt sinnvoll.
- Erstattung tatsächlicher Pflegekosten nach Rechnungseinreichung.
- Komplexe Handhabung, häufig mit Leistungsbegrenzungen.
Für Beamte wegen der Beihilfekoordination meist nur bedingt geeignet.
Wie hoch sollten Beamte ihre Pflegezusatzversicherung absichern?
Empfehlungen für beihilfeberechtigte Beamte (Beihilfesatz 50–70 %):
Die folgende Matrix richtet sich an beihilfeberechtigte Beamte mit klassischer individueller Beihilfe (50–70 %) und privater Pflegepflichtversicherung. Sie zielt darauf, Eigenanteile realistisch zu puffern, ohne mögliche Ansprüche (siehe beispielsweise Artikel zum Thema Fürsorgepflicht) zu gefährden. Regionale Abweichungen und Familienkonstellationen (Kinder, Pflegezeit, 24-h-Betreuung) sind einzupreisen.
Stationäre Pflege (Pflegeheim)
Pflegegrad Empfohlene Absicherung (€/Monat) Begründung
PG 1: 150 € – 250 € Für kleine Zusatzkosten, Beratung, Hilfen
PG 2: 700 € – 1.000 € Frühphase, häufig noch ambulant
PG 3: 1.200 € – 1.600 € Lücke trotz Zuschlägen, regional oft höher
PG 4: 1.600 € – 2.200 € Steigender Eigenanteil, Komfortwünsche
PG 5: 2.000 € – 2.500 € Realistisch in teureren Bundesländern
Ambulante Pflege (häuslich)
Pflegegrad Empfohlene Absicherung (€/Monat) Begründung
PG 1: 100 € – 150 € Für Hilfen zusätzlich zum Entlastungsbetrag
PG 2: 300 € – 600 € Lücke trotz erhöhter Leistungen
PG 3: 600 € – 1.000 € Häufig Kombinationspflege
PG 4: 1.000 € – 1.500 € Aufwändige Versorgung
PG 5: 1.500 € – 2.000 € Alternative zur Heimpflege, 24-h-Modelle teuer
Tipp: Ambulante Absicherung an das persönliche Pflegekonzept und verfügbare Pflegezeit im Familienkreis anpassen.
Welche Tarife sind für Beamte empfehlenswert?
Die Debeka ist mit deutlichem Abstand der größte Anbieter in der Krankenvollversicherung und traditionell stark im Beamtensegment vertreten. Auch AXA/DBV und Signal Iduna zählen zu den bedeutenden Marktteilnehmern in dieser Zielgruppe. Offizielle und regelmäßig veröffentlichte Zahlen darüber, wie viele Beamte pro Gesellschaft tatsächlich versichert sind, gibt es jedoch nicht – belastbar ist lediglich die Gesamtgröße des Vollversichertenbestands.
Aus unseren umfangreichen Bedingungstests (u. a. „Guter Rat“ ab 2018 (hier), Qualitäts-Award) ergab sich, dass die Pflegetagegeld-Tarife einiger großer Beamten-PKV-Gesellschaften in wichtigen Leistungsdetails (z. B. Definition, Obliegenheiten, Mitwirkungspflichten, Leistungssystematik, Dynamik, Verzicht auf Anrechnung, Nachversicherung, …) nicht vollständig überzeugen konnten. Keine dieser Varianten erhielt damals die Bewertung „sehr empfehlenswert“ oder „exzellent“.
Unsere Analysen umfassen über 200 Einzelkriterien mit unterschiedlichen Ziel- und Wertungsgruppen, wodurch wir feine Unterschiede in den Vertragsbedingungen detailliert erkennen und bewerten können.
Ein Großteil der am Markt verfügbaren Online-Vergleichsrechner bietet dagegen nur oberflächliche Bedingungsvergleiche mit begrenzter Aussagekraft. Weitere Informationen zu unseren Bewertungen finden Sie auf www.award.versicherung. Seit 2018 haben viele Anbieter ihre Tarife überarbeitet – aktuelle Produkte können daher deutlich besser abschneiden als frühere Varianten.
Deshalb gilt:
- Tarife vergleichen, auf beihilfekonforme Bedingungen und keine Anrechnung auf PPV/Beihilfe achten.
- Erste Orientierung oder unabhängige Bedingungsanalysen einsehen (z. B. award.versicherung).
- Ohne Beratung sollte kein Tarif abgeschlossen werden (hier kostenfreies Erstgespräch anfordern).
Recht, Steuern & Beihilfe: Das sollten Beamte wissen
- Rechtsgrundlage: SGB XI – Pflegeleistungen wurden 2025 um 4,5 % erhöht (SGB XI Bekanntmachung).
- Beihilfe & BBhV: Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) regelt die Nachvollziehung der SGB-XI-Leistungen; Länder dürfen abweichen (§ 37 Abs. 2 BBhV).
§ 37 Absatz 2 BBhV:
„Beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähige Personen erhalten Beihilfe zu Pflegeleistungen nach Maßgabe der §§ 38 bis 38g und der §§ 39 bis 39b, wenn sie pflegebedürftig im Sinne der §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sind.“
- Steuern: Beiträge zu Pflegezusatzversicherungen sind nach BFH-Urteil vom 24.07.2025 (X R 10/20) als Sonderausgaben absetzbar.
- Rechtsprechung: Das BSG-Urteil vom 12.12.2024 (B 3 P 1/24 R) konkretisiert die Leistungshöhe beim Pflegegeld (PG 2).
In 6 Schritten zur passenden Pflegezusatzversicherung für Beamte
- Beihilfesatz prüfen (50–70 %, ggf. 80 % für Kinder)
- Pflegesetting definieren – ambulant oder stationär
- Produktart wählen – meist Pflegetagegeld (Pflegerente kann sinnvoll sein, bei Einmalbeiträgen)
- Leistungshöhe festlegen je Pflegegrad
- Bedingungen vergleichen – Dynamik, Karenzzeiten, Demenz, Ausland
- An Steuervorteile und Vorsorgevollmachten sowie Verfügungen denken
- Bedarsermittlung ist wichtig (wie bieten eine entsprechende Auswertung)
- Frühestmöglich versichern, den Gesundheitszustand beeinflusst die Antrags-Annahme
- Pflege-Bahr vermeiden
Häufige Fragen zur Pflegezusatzversicherung für Beamte
Verliere ich Beihilfe, wenn ich ein hohes Pflegetagegeld absichere?
Nein, Pflegetagegeld ist eine pauschale Leistung und wird nicht auf die Beihilfe angerechnet.
Kann ich eine Pflegezusatzversicherung abschließen, wenn ich schon PG 2 oder 3 habe?
In der Regel nicht – frühzeitiger Abschluss ist entscheidend.
Muss ich die Pflegezusatzversicherung bei meiner PKV abschließen?
Nein, Sie können Anbieter frei wählen. Ein Vergleich lohnt sich – Leistungsunterschiede sind teils erheblich.
Fazit: Pflegezusatzversicherung für Beamte bleibt unverzichtbar
Auch Beamtinnen und Beamte sollten das Pflegekostenrisiko nicht unterschätzen. Die Beihilfe deckt lediglich Basisleistungen ab – die Eigenanteile in qualitativ guten Pflegeheimen liegen jedoch häufig deutlich über 2.000 Euro pro Monat.
Eine private Pflegezusatzversicherung, idealerweise als Pflegetagegeld mit Dynamik, schützt vor finanzieller Überforderung und sichert gleichzeitig die Wahlfreiheit bei der Pflege.
Unsere Recherchen zeigen, dass insbesondere bei Demenzerkrankungen erhebliche Zusatzkosten entstehen können. Zahlreiche Einrichtungen berechnen hierfür mehr als 500 Euro monatlich zusätzlich, manche lehnen sogar die Aufnahme von demenziell erkrankten Pflegebedürftigen ganz ab.
Wer im Alter auf eine qualitativ hochwertige stationäre Pflege Wert legt, sollte nicht auf eine „Pflegefinanzierung à la Lada, Fiat Punto oder Ente“ vertrauen. Denn Pflegequalität hat ihren Preis – in exklusiven Häusern, etwa in bayerischen Premium-Pflegeeinrichtungen, können die Kosten sogar bis zu 7.400 Euro pro Monat betragen.
Wenn der Pflegebedürftige seinen Eigenanteil an den Pflegekosten nicht mehr leisten kann oder wenn Zahlungsrückstände entstehen, weil das Land oder die Stadt (als Sozialhilfeträger) die vereinbarten Vorauszahlungen oder Pflegekosten nicht rechtzeitig überweisen, besteht ein erhebliches Risiko: Die Pflegeeinrichtung kann den Heimvertrag kündigen, auch wenn weiterhin Pflegebedürftigkeit besteht (siehe LSG NRW Beschluss, 11. Dez. 2013 - L 20 SO 491/13 B ER). Gleiches gilt für ambulante Pflegedienste, die bei ausbleibender Vergütung oder nicht gesicherter Finanzierung den Pflegevertrag aus wichtigem Grund beenden dürfen (sie auch allgemeine Infos, hier). In beiden Fällen kann dies zur Unterbrechung der Pflegeversorgung führen, wenn keine sofortige Kostenübernahme oder Ersatzleistung erfolgt. Daher ist es entscheidend, dass Zahlungszusagen öffentlicher Träger rechtzeitig vorliegen und regelmäßig überprüft werden, um den Verlust des Pflegeplatzes oder der ambulanten Betreuung zu vermeiden.
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Bert Heidekamp, Versicherungsmakler, Analyst und geprüfter sowie
international zertifizierter BDSF Sachverständiger für biometrische Risiken
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