Urteilssammlung zum Wohnwert und Wohnvorteil

Urteilssammlung zum Wohnwert und Wohnvorteil

Was ist der Wohnwert?

Wer in einer eigenen Immobilie wohnt, z.B. in einer Eigentumswohnung oder in einem Eigenheim, muss sich den ortsüblichen Mietwert einer vergleichbaren angemessenen Wohneinheit als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen, wodurch sich das Nettoeinkommen der betreffenden Person erhöht. Bei der Angemessenheit gibt es jedoch einiges zu beachten, z. B. die maximale Größe einer Wohneinheit pro Person und das Einkommen. Wer also zu viel Wohnfläche hat, könnte unangemessen wohnen. Der Wohnwert beziffert also den wirtschaftlichen Vorteil, aufgrund fehlender Mietaufwendungen, der durch eine angemessene Vergleichsmiete ermittelt wird.

Was ist der Wohnvorteil?

Ist der Wohnwert ermittelt, wird somit der wirtschaftliche Wohnvorteil dargestellt. Dieser kann jedoch noch beeinflusst werden, z. B. durch bestehende Zins- und Tilgungsverpflichtungen. Aber auch bei der Anrechnung von Altersvorsorgebeiträge. Je nach Situation könnte somit eine Einkommenserhöhung oder Reduzierung der Altersvorsorgebeiträge bedeuten. Der wirtschaftliche Wohnvorteil kann sich also durch einige Parameter zum angemessenen Wohnwert noch verändern.

BGH am 18.01.2017; AZ: XII ZB 118/16     mehr pdf
Klärung: Das Urteil gibt Klarstellung über das Verhältnis von Wohnwert und Tilgungsleistungen. Neben den Zinsen sind die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Der denWohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten im Rahmen der sekundären Altersvorsorge auf die Altersvorsorgequote von 5% des Bruttoeinkommens des Elternunterhaltspflichtigen anzurechnen.

Zu diesem Urteil gibt es einen erweiterten Artikel, mit Musterberechnung und Erläuterungen:  mehr gn 

BGH am 09.04.2014; AZ: XII ZB 721/12      mehr pdf
Klärung: Setzt der aus der Ehewohnung gewichene Ehegatte den Verkaufserlös aus seinem früheren Miteigentumsanteil an der Ehewohnung für den Erwerb einer neuen Wohnung ein, tritt der Wohnvorteil der neuen Wohnung an die Stelle eines Zinses aus dem Erlös.   

BGH am 19.03.2014; AZ: XII ZB 367/12      mehr pdf
Klärung: Zur Bemessung des Wohnwerts einer vom Unterhaltspflichtigen genutzten Immobilie bei der Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt.

BGH am 05.02.2014; AZ: XII ZB 25/13      mehr pdf
Klärung: Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch dann auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt. Der Wohnvorteil eines Unterhaltspflichtigen ist auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht lediglich im Rahmen der vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen.

BGH am 07.08.2013; AZ: XII ZB 269/12      mehr pdf
Urteil: Immobilie bleibt unberücksichtigt, bei Angemessenheit.
Klärung: Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt.Sonstiges Vermögen in einer Höhe, wie sich aus der Anlage von 5% des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt zu werden.

BGH am 31.10.2012; AZ: XII ZR 30/10      mehr pdf
Klärung: Zur Bemessung des sogenannten angemessenen Wohnwerts, wenn der Unterhaltspflichtige das Eigenheim zusammen mit einem unterhaltsberechtigten Kind bewohnt.

BGH am 18.01.2012; AZ: XII ZR 178/09      mehr pdf
Klärung des regelmäßig geringeren Wohnbedarfs als tatsächlichen Wohnvorteil bei alleiniger Nutzung des Einfamilienhauses nach Scheidung. Auszug: "Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt."Auszug: "Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt."

BGH am 18.01.2012; AZ: XII ZR 177/09      mehr pdf
Klärung: Ist ein geringerer Wohnbedarf als tatsächlicher Wohnvorteil bei alleiniger Nutzung des Einfamilienhauses beim Trennungsunterhalt zu werten? Auszug: "Den Wohnbedarf der Klägerin hat das Berufungsgericht bis auf die darauf anfallenden Betriebskosten und Instandhaltungskosten, die es als Bedarfspositionen anerkannt hat, nicht berücksichtigt. Das hat es (im Rahmen der Bedürftigkeit) unter anderem damit begründet, dass es zugleich den Wohnvorteil des Eigenheims nicht als Einkommen berücksichtigt hat."

BGH am 27.05.2009; AZ: XII ZR 78/08      mehr pdf
Wenn einem Ehegatten zwei Wohnungen gehören, können seinem Einkommen entsprechende Wohnvorteile zugerechnet werden. Allerdings kommt eine Kürzung unter Angemessenheitsgesichtspunkten in Betracht. Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten im Sinne von §§ 556 Abs. 1 BGB, 1, 2 BetrKV handelt.

BGH am 01.10.2008; AZ: XII ZR 62/07      mehr pdf
Wohnvorteil bei Kauf eines Hausgrundstücks aus dem Erlös des verkauften Familienheims und unter Aufnahme neuer Darlehen.

BGH am 03.05.2008; AZ: XII ZR 22/06      mehr pdf
Die Berücksichtigung des vollen Mietwerts ist bei einer Trennung/Scheidung nicht mehr gerechtfertigt, somit soll keine einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten bestehen.

BGH am 05.11.2005; AZ: XII ZR 211/02     mehr pdf
Wie hoch ist der Wohnwert - wenn zunächst Miteigentum, dann Alleineigentum durch Teilungsversteigerung besteht.

BGH am 01.12.2004; AZ: XII ZR 75/02      mehr pdf
Berechnung des Wohnvorteil bei Übernahme des Miteigentumsanteils vom anderen Ehegatten.

OLG Ffm am 23.08.1999; AZ: 1 UF 106/99      mehr pdf
Was ist der ojektiver Wohnwert, wenn Fremdvermietung möglich ist?

Wie wird die selbst genutzte Immobilie bei der unterhaltspflichtigen Person berücksichtigt?

Recht BGH palais mit Brunnen von Joe Miletzki 350pxWie wird die selbst genutzte Immobilie bei der unterhaltspflichtigen Person berücksichtigt?  

Bert Heidekamp, Analyst, 17.07.2017
Zum Urteil geht es hier: mehr gn


Das neue BGH-Urteil vom 18.01.2017 (XII ZB 118/16) stärkt die Rechte des Unterhaltsverpflichteten. Besonders für Eltern oder Kinder die über Immobilieneigentum verfügen, kann das Urteil von Wichtigkeit sein, wenn in der Familie ein Pflegefall eintritt. In der Vergangenheit war es von den Sozialversicherungsträgern üblich, dass Tilgungsleistungen für eine selbstgenutzte Immobilie immer auf die Altersvorsorgeaufwendungen anzurechnen sei. Nun wird mit dem Urteil bestätigt, dass es zu differenzierten Auslegungen kommen kann. Wie sagt man so schön „es kommt darauf an“.

Um die Höhe des Unterhalts zu berechnen, werden nicht nur das Einkommen, sondern auch alle Vermögenswerte vollumfänglich berücksichtigt, um feststellen zu können, ob eine Unterhaltsverpflichtung besteht oder nicht. Wer in einer Immobilie wohnt, egal ob es sich um ein Eigenheim oder einer Eigentumswohnung handelt, so wird für dieses Eigentum ein Wohnvorteil berechnet und mit einem sogenannte Wohnwert in der Unterhalts-Berechnung berücksichtigt. Es ist jedoch zu beachten, dass der Unterhaltspflichtige seinen Wohnwert nicht drücken kann, wenn er vorher durch besondere Anstrengungen und mit persönlichen Einschränkungen eine vorzeitige Kredittilgung geschaffen hat. Auch wenn solche Anstrengungen und damit verbundenen persönlichen Einschränkungen zu einer lastenfreie Immobilie geführt haben, sind diese von vornherein ausgeschlossen. Also wer brav seine Kreditverpflichtungen weiter führt, könnte besser dran sein, als derjenige der frühzeitig tilgt (so könnten auch Sondertilgungen sich rückblickend als nachteilig auswirken).

Selbstgenutzte Immobilie: Was bedeutet der unterhaltsrechtlicher Wohnwert?

Der Wohnwert (§ 100 BGB) ist zum besseren Verständnis einer Miete gleichzusetzten, die man für die Immobilie erzielen könnte, wenn man sie vermietet oder eine adäquate Mietwohnung anmieten würde.

§ 100 BGB
Nutzungen
"Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt."

Der dann ermittelte Wohnwert wird dem Einkommen nicht abgezogen, sondern hinzugerechnet. Also nochmals, der angemessene, adäquate Mietwert einer Vergleichswohnung muss man sich als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen. Dadurch erhöht sich somit das Nettoeinkommen der betreffenden unterhaltspflichtigen Person.

Selbstgenutzte Immobilie: Wie berechnet sich der unterhaltsrechtlicher Wohnvorteil?

Die zu zahlenden Zinsleistungen werden bei der Berechnung der Unterhaltsverpflichtung berücksichtigt und können abgezogen werden, soweit es sich um einen angemessenen Wohnwert handelt. Es muss also sich um einen anzuerkennenden Zweck und auch in einem angemessenen Verhältnis zum erzielten Erwerbseinkünften handeln. Wird die Immobilie z. B. vermietet, sieht die Situation ganz anders aus. Ist die Eigennutze Immobilie bereits lastenfrei und es sind keine Zinszahlungen mehr zu leisten, erhöht sich automatisch der Wohnvorteil, der auf das Nettoeinkommen aufgeschlagen wird. Wichtig ist zu beachten, wenn die Immobilie erst nach Beginn des Pflegefalls angeschafft wurde, könnte der Abzug der Zinsen eventuell nicht berücksichtigt werden.

Beispiel: Eine Person lebt in der Immobilie (angemessen sind z. B. 60m² für diese Person)
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro( Zins) = 200 Euro Wohnvorteil

Der Tilgungsanteil kann grundsätzlich nicht abgezogen werden und wird im Rahmen der abzugsfähigen Vermögensbildung berücksichtigt.

Aber: Eine Anrechnung auf den Altersvorsorgebetrag darf nicht erfolgen, wenn Zinsen und Tilgungsleistungen zusammen nicht die Höhe des angemessenen Wohnvorteils erreichen, so der BGH im Urteil.


Bei einer Scheidung wird ab Stellung des Scheidungsantrags für die ausziehende Person der Anteil nicht mehr berücksichtigt (BGH FamRZ 2007,880).


Eltern und die zukünftige Entwicklung ihrer Immobilienwerte

Zu beachten ist, dass allgemein meistens immer die Kinder angesprochen werden, wenn es sich um das  Thema „Immobilieneigentum“ dreht. Aber es kann auch anders sein, dass das Kind pflegebedürftig wird und die Eltern unterhaltspflichtig werden. Auch dann ist im Pflegefall des Kindes die eigengenutze Immobilie der Eltern beim Unterhalt zu berücksichtigen. Denn auch Eltern können unterhaltspflichtig gegenüber den Kindern werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt wird oft vernachlässigt:
Verändert sich der Marktwert einer Immobilie im Verhältnis zu den "angemessenen Mietpreisen" stark abweichend (z.B. durch politische oder gesetzlichen Maßnahmen, oder veränderten Marktsituationen) und die Immobilie wäre nicht "mehr angemessen", könnten sich enorme finanzielle Nachteile ergeben. Aber ab wann ist eine Immobilie unangemessen? Ein Hinweis liefert der Wohnwert (siehe auch "Angemessenheit der Immobilie").

Die eigene Immobilie die man für die private Altersversorgung und möglichen Lebensabend sich angeschafft hat, könnte bei einer Unangemessenheit verloren gehen. Das Risiko besteht besonders bei den Generationen die noch in Rente gehen und nicht über genügend freies Einkommen verfügen, soweit sie unterhaltspflichtig werden.

Besonders nachteilig könnte es werden, wenn der eventuelle Immobilienwert unter oder bereits weit über dem Finanzierungswert liegen (je nach Entwicklung der Markt- und Immobilienlage) und zur Veräußerung der Immobilie verpflichtet wird, weil eine Unangemessenheit vorliegt. Wer also eine Immobilie hat und möglicherweise unterhaltsberechtigte Familienangehörige (ob Kinder oder Eltern), sollte frühzeitig privat vorsorgen um dieses Thema komplett ausblenden können, um sich selbst und ihrer Familie vor Vermögensverlusten zu schützen. Besonders ältere Personen können dann benachteiligt werden, wenn die Angemessenheit der Immobilie bestimmt wird. Wer noch schnell eine Immobilie zur Sicherheit an einen Familien vererben oder verschenken will und selbst Pflegefall wird, könnte ebenfalls alles verlieren. Schenkungen können innerhalb von 10 Jahren "auch durch Ämter" zurück gefordert werden ... mehr gn.

Schleichende Unangemessenheit
Leben die Eltern alleine (weil Kinder bereits aus dem Haus gezogen sind) oder ein Elternteil ist verstorben, oder man hat sich getrennt, könnte die eigene Immobilie schnell unangemessen sein, da die Wohnfläche im Verhältnis dann zu groß gegenüber der Anzahl der im Haus lebenden Person/en ist. Es spielt keine Rolle bei der Bestimmung der Angemessenheit, ob die Immobilie mal für die Familie mit Kinder gekauft bzw. gebaut wurde oder nicht. Maßgebend ist die Situation zum unterhaltsverpflichteten Zeitpunkt. Somit könnte sich schleichend eine Unangemessenheit sich ergeben. In diesem Fall ist es sehr von Vorteil, wenn die Kinder privat vorgesorgt haben (das ist bereits sehr günstig möglich, siehe Angebote).

Wie wird die eigene Immobilie im Pflegefall berücksichtigt, wenn man unterhaltsverpflichtet ist?

Es ist zu unterscheiden ob es  sich um eine Vermögensbildung oder unterhaltsrelevante Abzugsposition handelt. Dabei muss der Vorteil des mietfreien Wohnens (§ 100 BGB) berücksichtigt werden.

§ 100 BGB
Nutzungen
"Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt."

Dazu wird ein sogenannter Wohnwert bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt. Bereits in einem anderen Artikel wurde darauf hingewiesen "Hinweise zur Berechnung des Elternunterhalts": mehr gn

Ist die Immobilie noch nicht lastenfrei, also ist immer noch Kredit finanziert, werden Zins und Tilgung in der Berechnung bzw. Ermittlung des zu berücksichtigen Wohnwerts zum Teil berücksichtigt. Der BGH hat mit dem Urteil (XII ZB 118/16) vom 18.1.17 Klarheit darüber geschaffen, welche Schrittfolge beim Abzug von Tilgungsleistungen berücksichtigt werden kann.

1. Schritt: Angemessenen Wohnwert bestimmen

Wenn Kinder oder Eltern für ein Familienmitglied in gerader Linie im Pflegefall haften und zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet werden, dann bleibt eine angemessene selbstgenutzte Immobilie grundsätzlich unberücksichtigt. Mit Urteil vom 07.08.2013 (XII ZB 269/12) hat der BGH dies bestätigt. Jedoch muss die Immobilie angemessen sein und dies wird beurteilt nach Größe, Lage, Zustand, Ausstattung, Zahl der Bewohner, Wert des Grundstücks und Gebäude, usw..Was bedeutet aber „eine angemessene selbstgenutzte Immobilie“? Dazu wurde bereits kurz informiert unter folgenden Artikel: mehr gn

2. Schritt: Die zu zahlenden Zinsen vom angemessenen Wohnwert abziehen.

1. Beispiel: Eine Person im Einfamilienhaus/Eigentumswohnung
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro (Zins) = 200 Euro Wohnwert

2. Beispiel:
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 500 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert

3. Beispiel:
Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
Zinsabzug, mtl. Zinsen 600 Euro: 600 Euro – 600 Euro (Zins) = 0 Euro Wohnwert

3. Schritt: Die Tilgungsleistungen vom berechneten Zwischenwert abziehen (5% Regel beachten)

Angenommen die Tilgungsaufwendungen belaufen sich auf monatlich 100 Euro. Das Beispiel berücksichtigt eine Person im Einfamilienhaus/Eigentumswohnung.

1. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 400 Euro und
Tilgungsanteil 100 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro (Zins) = 200 Euro Wohnwert
c) Wohnvorteil: 200 Euro Wohnwert - 100 Euro Tilgung = 100 Euro Wohnvorteil (positiver Wohnvorteil)
d) Erhöhung des Nettoeinkommes um: 100 Euro Wohnvorteil
e) Nettoeinkommen: 3.100 Euro + 100 Euro Wohnvorteil - 290 Euro (5%) 
Fiktives Nettoeinkommen = 2.910 Euro


2. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 150 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 500 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert

Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 50 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 150 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -50 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 50 Euro Wohnvorteil - 240 Euro (5%; 290 Euro - 50 Euro)) 
Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro


3. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 400 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 600 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert

Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 300 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 400 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -300 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 290 Euro maximaler Vorsorgebetrag (da komplett ausgeschöpft wird) 
Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro   

4. Schritt: Zurechnung der Tilgungsleistung zur Vermögensbildung oder als unterhaltsrelevanten Abzug

Es besteht grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen Altersvorsorgebeiträge, dem Wohnvorteil und den  Tilgungsleistungen. Die allgemeine Meinung, dass der Tilgungsanteil nicht abgezogen werden kann und ausschließlich im Rahmen der abzugsfähigen Vermögensbildung berücksichtigt wird, ist mit dem aktuellen Urteil wiederlegt. Zu beachten ist, dass bei einer Scheidung ab Stellung des Scheidungsantrags für die ausziehende Person die Finanzierungs-Anteile nicht mehr berücksichtigt (BGH FamRZ 2007,880) werden. Angenommen, das die unterhaltsverpflichtende Person hat folgendes Einkommen:

Brutto-Einkommen: monatlich 5.800 Euro + 5% = max. 290 Euro abzugsfähige Altersversorgung
Netto-Einkommen:  monatlich 3.100 Euro

Die maximal abzugsfähigen Beiträge zur Vermögensbildung beträgt 5% des Bruttoverdienstes, also im o.g. Beispiel 290 Euro.
Maximal abzugsfähiger Altersvorsorgebetrag: 290 Euro
Was wird bei den drei Beispielen nun berücksichtigt:


1. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 400 Euro und Tilgungsanteil 100 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 400 Euro: 600 Euro – 400 Euro (Zins) = 200 Euro Wohnwert
c) Wohnvorteil: 200 Euro Wohnwert - 100 Euro Tilgung = 100 Euro Wohnvorteil (positiver Wohnvorteil)
d) Erhöhung des Nettoeinkommes um: 100 Euro Wohnvorteil
e) Nettoeinkommen: 3.100 Euro + 100 Euro Wohnvorteil - 290 Euro (5%) 

Ergebnis:

  • Fiktives Nettoeinkommen = 2.910
  • Abzugsfähiger Altersvorsorgebetrag: 290 Euro
  • Der maximale Vorsorgebetrag von 290 Euro kann somit noch voll verwendet werden.
  • Der Wohnvorteil wird einkommenserhöhend angesetzt.

Aufgrund des aktuellen Urteils wird der o.g. positiver Wohnvorteil dem Einkommen aufgeschlagen und der Altersvorsorgebetrag von 290 Euro dann abgezogen. Es besteht für die freie private Alersversorgung dann immer noch der komplette Altersvorsorgebetrag von monatlich 290 Euro zur Verfügung. Da Zins und Tilgung zusammen (500 Euro) kleiner sind als der Wohnwert (600 Euro), dürfen die Tligungsaufwendungen nicht auf den Altersvorsorgebeitrag angerechnet werden. Es erfolgt somit keine Anrechnung bis zum angemessenen Wohnwert von 600 Euro. Darüber hinaus verhält sich das jedoch anders.


2. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 150 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 500 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert

Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 50 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 150 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -50 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 50 Euro Wohnvorteil - 240 Euro (5%; 290 Euro - 50 Euro)) 

Ergebnis:

  • Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro
  • Abzugsfähiger Alters-Vorsorgebetrag: 240 Euro Restbetrag (290 Euro- 50 Euro)
  • Der maximale Alters-Vorsorgebetrag ist somit nicht ausgeschöpft.
  • Der Wohnvorteil wird nicht einkommenserhöhend angesetzt.
  • Risiko: Bestehende private Altersvorsorgebeiträge werden nicht mehr voll berücksichtigt und müssten eventuell geküdigt werden, wenn der unterhaltspflichtige Betrag keinen finanziellen Raum mehr lässt.

Aufgrund des aktuellen Urteils wird der o.g. Wohnvorteil von - 50 Euro dem max. abzugsfähigen Alersvorsorgebetrag von 290 Euro abgezogen. Es besteht für die freie private Altersversorgung dann noch ein Betrag Verfügung von 240 Euro zur Verfügung. Der Abzug vom Altersvorsorgebetrag stellt keine unzumutbare Benachteiligung dar, auch wenn durch den Abzug eine teilweise Einschränkung der Anlagewahl besteht (z.B. statt dessen Fondssparvertrag, Lebensversicherung, etc.). Begründet wird es damit, dass aufgrund einer fortlaufende Bildung von unbelasteten Eigentum in angemessener Weise für den eigenen Wohnbedarf im Alter Vorsorge getroffen wird. Was passiert jedoch bei einer höheren Tilgungsleistung, siehe Beispiel 3.


3. Beispiel: monatlicher Zinsanteil 500 Euro und Tilgungsanteil 400 Euro
a) Der angemessener Wohnwert beträgt: 60m² x 10 Euro (Vergleichsmiete „kalt“)  = 600 Euro Wohnwert
b) Zinsabzug, mtl. Zinsen 600 Euro: 600 Euro – 500 Euro (Zins) = 100 Euro Wohnwert

Zins und Tilgung zusammen sind jetzt um 300 Euro höher als der Wohnwert. Die Gesamtzinsen sind in diesem Beispiel jedoch kleiner als der Wohnwert. Im zweiten Schritt der Berechnung wird der Tilgungsanteil wie folgt berücksichtigt:
c) Wohnvorteil: 400 Euro Tilgung - 100 Euro Wohnwert = -300 Euro Wohnvorteil (negativer Wohnvorteil)
d) Nettoeinkommen: 3.100 Euro - 290 Euro maximaler Vorsorgebetrag (da komplett ausgeschöpft wird) 

Ergebnis:

  • Fiktives Nettoeinkommen = 2.810 Euro
  • Der maximale Alters-Vorsorgebetrag ist komplett ausgeschöpft. Darüber liegende Beiträge werden nciht berücksichtigt.
  • Der Wohnvorteil wird nicht einkommenserhöhend angesetzt.
  • Risiko: Bestehende private Altersvorsorgebeiträge werden nicht mehr berücksichtigt und müssten eventuell geküdigt werden, wenn der unterhaltspflichtige Betrag keinen finanziellen Raum mehr lässt.

Im Beispiel 2 wurde der komplette Wohnwert und die Tilgungsleistung berücksichtigt. Im Beispiel 3 ist jedoch der Gesamtbetrag höher als der maximale Vorsorgebetrag. Rechnung: Restliche Tilgungsleistung von 300 Euro (negative Wohnvorteil) - 290 Euro Vorsorgebetrag = 10 Euro offene Tilgungsleistung. Dieser Betrag wird nicht vom Netto abgezogen und kann somit auch nicht für anrechenbare Vorsorgebeträge genutzt werden. Dieser Betrag fällt also "unter dem Tisch". Folglich wird dieser Beitragsteil, falls er bereits für einen Altersvorsorge-Sparvertrag benutzt wird, bei einer unterhaltsverpflichtende Zahlung  nicht berücksichtigt. Im schlimmsten Fall muss man seinen Sparvetrag dann kürzen.

Eine angemessene selbstgenutzte Immobilie bleibt beim Elternunterhalt unberücksichtigt


Wenn Kinder für ihre Eltern im Pflegefall haften und zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet werden, dann bleibt eine angemessene selbstgenutzte Immobilie unberücksichtigt. Was bedeutet aber „eine angemessene selbstgenutzte Immobilie“?

Eine selbstgenutzte Immobilie muss nicht verwertet werden, wenn nach den individuellen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen das Wohneigentum angemessen ist, z.B. das Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung des Kindes. Mit Urteil vom 07.08.2013 (XII ZB 269/12) hat der BGH dies bestätigt. Jedoch muss die Immobilie angemessen sein und dies wird beurteilt nach Größe, Lage, Zustand, Ausstattung, Zahl der Bewohner, Wert des Grundstücks und Gebäude, usw..

Allerdings wird die ersparte Miete „der Wohnwert“ des Eigentums bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit - „dem Einkommen“ - hinzugerechnet. Der Wohnwert kann also unterhaltsrechtlich beim Einkommen berücksichtigt werden und wird anhand der ersparten Miete ermittelt, also die Differenz zwischen Nutzungswert und Aufwand für eine selbstgenutzte Immobilie. Wenn die ersparten Wohnkosten höher als die Belastungen sind, wird die Summe zu den unterhaltspflichtigen Einkünften gezählt. Es darf aber die ersparte Miete nicht mit der objektiven Marktmiete gleichgesetzt werden, sondern nur eine angemessene Miete in Ansatz gebracht werden.

Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine Verwertung des Vermögens dann in Betracht kommt, wenn das sonstige vorhandene Vermögen das geschützte Altersvorsorgevermögen übersteigt. Dieses Altersvorsorgevermögen beträgt 5 % vom Bruttoeinkommen der gesamten Dauer des Berufslebens.

 

Geben Sie Ihre Immobilie nicht aus den Händen!

 

Selbstgenutzte Eigentumswohung oder Eigenheim

Ist ein oder beide Elternteile ein Pflegefall muss man als Kind nicht um seine eigenes Haus Angst haben. Ihre Immobilie ob Eigenheim oder Eigentumswohnung ist vor dem Sozialamt geschützt. Das Sozialamt kann auch nicht den Kindern dazu zwingen einen Kredit bzw. Hypothek aufzunehmen, um davon die Pflegkosten zu bezahlen. Anders sieht es aber aus, wenn der zu Plegende Immobilieneigentümer ist.

Zweit-, Ferien- oder Wochenendwohnung

Anders gilt es für eine Zweit-, Ferien- oder Wochenendwohnung die nicht ständig selbst benutzt wird. Die Selbstnutzung steht immer im Vordergrund, eine Vermietung schützt nicht um den Begriff „ständig bewohnt“ zu erfüllen. Es muss also damit gerechnet werden, dass diese verkauft werden müssen, um die Pflege der Eltern bezahlen zu können. Kann man jedoch beweisen, dass z.B. eine fremdvermietete Immobilie bzw. Eigentumswohnung der Altersversorgung dienen soll, kann das Sozialamt auch diese nicht antasten. Der Beweis wird aber recht schwer ausfallen, da mit zunehmender Schieflage der gesetzlichen Pflegeversicherung die Darstellungs- und Beweisdarlegungen schwerer werden wird.

 

Zweitwohnung

Wird aber eine Zweitwohnung durch den dauerhaft getrennt lebenden Ehepartner ständig bewohnt, so kann das Sozialamt auch hier nicht an die Immobilie ran. Aber es ist denkbar, dass der Nachweis des „dauerhaften getrennt Lebens“ unterschiedlich bearbeitet und bewiesen werden muss.

 

Mieter

Sollten Sie Mieter sein, ist es besser wenn die Warmmiete über dem im Selbstbehalt enthaltenen Mietpauschale ( 450 Euro für Ledige und 800 Euro für Paare ) liegt. Der Mehrbeitrag über der Pauschale mindert Ihre Unterhaltspflicht.

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